
Menschen mit dem Persönlichkeitsmerkmal der „Hochsensibilität“ haben eine tieferer Verarbeitung sensorischer Informationen, was mit einer psychischen sowie verhaltensbedingten Übererregung einhergehen kann. Bisher wurde jedoch noch nicht untersucht, ob dieses Persönlichkeitsmerkmal auch bei anderen Arten vorkommen kann. Eine Forschergruppe hat sich nun die Mühe gemacht, einen Fragebogen für Hunde zu entwickeln, der das Persönlichkeitsmerkmal der Hochsensibilität messen soll. Dieser basiert auf dem HSP-Test der Psychologin Elaine Aaron, den sie zur Feststellung von Hochsensibilität bei Menschen entwickelt hat.
Der Fragebogen für Hunde umfasst 42 Fragen und nennt sich „ High-Sensitive-Dog-Score“. Die Erhebung fand via einer umfassenden internationalen Online-Umfrage statt. Diese beinhaltete, neben dem Fragebogen, auch Erhebungen bezüglich Neurotizismus, demografischen Daten (z. B. Hundegeschlecht, Alter, Gewicht; Alter bei Adoption usw.) und “menschlichen” Faktoren ( zB Alter des Besitzers, Geschlecht, Beruf, Kommunikationsstil usw.). Insgesamt wurden 3647 Fragebögen vollständig ausgefüllt. HSD-, Angst-, Neurotizismus- und HSP-Scores zeigten gute interne Übereinstimmungen, und HSD-Scores korrelierten nur mäßig mit Angst- und Neurotizismus-Scores, was den vorherigen Befunden beim Menschen entsprach. Die Intra- (N = 447) und Interrater-Zuverlässigkeit (N = 120) war gut. Menschliche und demografische Faktoren wirkten sich nur geringfügig auf die HSD aus, was darauf hindeutet, dass, wie auch für menschliche HSPs angenommen, eine genetische Grundlage für diese Dimension innerhalb der Hundespezies vorliegen könnte.
Die Entwicklung des Fragebogens
Die beiden Herausforderungen bei der Entwicklung des Fragebogens waren, dass die Dimension der Hochsensibilität bei Tieren noch nicht untersucht wurde und man sich deshalb auf keine Studien beziehen konnte, sowie, dass nicht alle Fragen des HSP-Fragebogens von Elaine Aaron übernommen werden und auf Hunde bezogen werden konnten.
Aus diesem Grund wurde eine Pilotstudie durchgeführt, die, die Grundlage für die anschließend quantitative groß angelegte Umfrage bildete.
In weiterer Folge (für die Pilotstudie) wurden, angelehnt an die Vorgehensweise von Aaron, Menschen die ihren Hund für hochsensibel hielten, zur Befragung eingeladen. Der Fragebogen wurde auf der Grundlage dieser gesammelten Informationen entwickelt.
Es wurden, um Deskriptoren zu identifizieren, die mit Hochsensibilität in Zusammenhang stehen, Interviews mit 15 Hundebesitzern aus der Region Basel in der Schweiz geführt. Ihre Hunde wären, laut der Humanliteratur, als hochsensibel eingestuft worden. Die Hundebesitzer wurden vom Erstautor und einem Hundetrainer anhand der direkten Beobachtung des Hundes ausgewählt (N = 14), wobei die Hunde Verhaltensweisen wie Liebe zum Detail zeigten, emotionalen Zustände des Besitzers übernahmen, sehr aufmerksam waren und stoppen sowie beobachten von Verhaltensweisen zeigten, wenn Sie mit neuen Situationen / Objekten konfrontiert werden.
Die Besitzer der Hunde nahmen an einem 2-stündigem Interview teil. Die Interviews wurden über einen Zeitraum von zwei Monaten durchgeführt und umfassten Fragen zur Vorgeschichte des Hundes, zu den vorherigen und aktuellen Lebensbedingungen, zum Gesundheitszustand und zum Verhalten des Hundes (z. B. gegenüber Menschen und anderen Hunden, an überfüllten Orten, bei Stress usw.). Die Hundebesitzer wurden auch gebeten, die Persönlichkeit ihres Hundes zu beschreiben – ob sie ihren Hund für hochsensibel hielten und – wenn ja – was sie zu der Annahme veranlasste.
Die Hauptstudie
Der Fragebogen wurde vom Besitzer ausgefüllt, der als „die Person mit der engsten Beziehung zum Hund“ definiert wurde. Um die Abhängigkeit der HSDs von externen Faktoren zu untersuchen, wurden allgemeine Fragen, die in der Literatur diskutiert wurden, um das Verhalten zu beeinflussen, einbezogen, wie z. B. Geschlecht des Besitzers, Alter und Beruf, Hunderasse, Geschlecht des Hundes, Fragen zur Anamnese und zur aktuellen Lebenssituation des Hundes, zur Gesundheit des Hundes, zum Auftreten von Verhaltensproblemen, sowie zur Art der Trainingsmethoden (positive und negative Bestrafung und positive Verstärkung), die vom Besitzer verwendet werden. Weiters die Zeit, die mit dem Hund verbracht wird, sowie die (subjektiven) Stimulationsniveaus der ersten und gegenwärtigen Lebensumgebung.
Der humane HSP-Fragebogen wurde auch einbezogen, um zu untersuchen, ob die Persönlichkeit des Besitzers mit der Persönlichkeitsbeurteilung des Hundes zusammenhängt. Um zu bewerten, ob der Kenntnisstand über das Verhalten von Hunden Auswirkungen auf die HSD hatte, wurden die Teilnehmer gebeten, anzugeben, ob sie einer oder mehreren Berufsgruppen angehörten. Hier muss angemerkt werden, dass die Teilnehmer der Studie Experten aus dem Hundetrainerbereich, sowie Tierärzte waren.
Teilnehmer und Erhebung:
Die Teilnehmer wurden angeworben, indem man E-Mails an Universitäten, Organisationen und berufliche Kontakte verschickte. Informationen auf Facebook wurden geschalten und Flyer in Veterinärämtern, Tierkliniken, auf Konferenzen, Zoofachgeschäften im deutschsprachigen Raum in der Schweiz, in Deutschland und Österreich und in den englischsprachigen Länder, wie dem Vereinigte Königreich, den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada, verteilt. Die Umfrage wurde mit der Software Limesurvey v2.05 erstellt und war von Mitte Oktober bis Ende Dezember 2014 2,5 Monate online
Stichprobe
Insgesamt 3647 vollständig ausgefüllte Fragebögen wurden zurückgesandt (56% der Gesamtantworten) und analysiert. 34% der Antworten stammten aus dem deutschsprachigen Raum (Schweiz: 21%, Deutschland: 12%, Österreich: 1%), 47% aus dem englischsprachigen Raum (USA: 23%; UK: 16%; Kanada: 8%) und die übrigen aus anderen Ländern nicht weiter spezifiziert. Da die Antworten aus Österreich nur 1% der Gesamtzahl ausmachten, wurden diese in den nicht näher spezifizierten Ländern zusammengefasst.
Die an der Studie teilnehmenden Hunderassen wurden nach Rassengruppen der Fédération Cynologique International (FCI) unter Hinzufügung der Gruppen „von der FCI nicht anerkannte Rassen“ und „Mischlinge“ gruppiert.
Das Geschlecht der Hunde war mit 50% männlich (von denen 68% kastriert waren) und 50% weiblich (von denen 76% kastriert waren) gleichmäßig verteilt. Das Durchschnittsalter der Hunde betrug 5,8 Jahre (SD = 3,6) und das Durchschnittsgewicht 21,3 kg (SD = 11,7).
Die Mehrheit der Hunde war in demselben Land adoptiert worden, in dem sie derzeit lebten (85%). Für 65% der Hunde war der derzeitige Besitzer der erste Besitzer, der sie vom Geburtsort adoptierte, 26% hatten mindestens einen Vorbesitzer, 9% der Besitzer gaben an, “Ich weiß nicht”. In 49% der Haushalte gab es zwei Personen, in 33% gab es mehr als zwei Personen und in 18% gab es nur eine Person.
91 Prozent der Hundebesitzer waren Frauen und 9 Prozent Männer. Die Mehrheit der Besitzer war zwischen 31 und 65 Jahre alt (69%), 26% waren zwischen 18 und 30 Jahre alt, die restlichen 5% waren entweder jünger oder älter
Da alle Hundebesitzer, bis auf drei, positive Verstärkungen verwendeten, wurde diese Kategorie bei der weiteren Analyse nicht berücksichtigt. Drei Prozent der Besitzer verwendeten nur starke positive Bestrafung, 6 Prozent eine Kombination aus starker und milder positiver Bestrafung, 19 Prozent nur eine milde positive Bestrafung, 19 Prozent nur eine negative Bestrafung und 13 Prozent alle Arten von Bestrafung. Ein großer Anteil der Teilnehmer (33%) verwendete eine Kombination aus positiver Verstärkung, milder positiver Bestrafung und negativer Bestrafung.
Die Teilnehmer der Studie waren Tierärzte sowie Hundetrainer.
Ergebnisse:
Es wurde ermittelt, dass Besitzer mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, dazu neigen, sich gegenüber ihren Hunden unterschiedlich zu verhalten. Besitzer, die eine hohe Bewertung für Neurotizismus und Offenheit erzielten, gaben tendenziell mehr Befehle, und Besitzer, die eine hohe Bewertung für Extraversion erzielten, lobten ihre Hunde mehr.
Es wurde festgestellt, dass nicht nur das Verhalten von Hund und Besitzer sich von der Persönlichkeit der Besitzer unterscheidet, sondern auch, wie die Besitzer ihre Hunde wahrnehmen und was sie an ihnen schätzen, scheint eine wichtige Rolle zu spielen. Die Zufriedenheit der Besitzer war beispielsweise höher, wenn das Verhalten ihres Hundes oder ihrer Katze dem zwischenmenschlichen Verhaltensstil ihrer selbst entsprach. Es wurde auch gezeigt, dass Besitzer, die eine hohe Bewertung für Neurotizismus erzielen, ihre Hunde mit größerer Wahrscheinlichkeit als nervös, ängstlich und emotional weniger stabil einschätzen und diejenigen, die bei der Extraversion hohe Punktzahlen erzielten, ihre Hunde als energisch, enthusiastisch und kontaktfreudig einstufen.
Daher war es wichtig, die Beziehung zwischen HSP und HSD in dieser Studie zu untersuchen. Obwohl Besitzer mit einem höheren HSP-Wert ihre Hunde auf der Hundeempfindlichkeitsskala als etwas höher bewerteten, hatten die HSP-Werte nur einen geringen Einfluss auf die HSD-Werte.
Die Interrater -Reliabilität dieses Fragebogen war sehr gut, was den Hinweis bestätigt, dass der Grad der Sensibilität des Besitzers keinen großen Einfluss auf die Bewertung seines Hundes in diesem Fragebogen hatte.
Die Tatsache, dass Besitzer, die nur positive Verstärkung verwendeten, dazu neigten, ihre Hunde auf der HSD-Skala höher zu bewerten, als Besitzer, die positive Bestrafung verwendeten (d.h Hunde, die bestraft wurden, hatten niedrigere HSD-Werte als Hunde, die nicht bestraft wurden), zeigt, dass der HSD -Fragenbogen tatsächlich etwas anderes als Verhaltensprobleme misst. Darüber hinaus wurden Hunden, deren gegenwärtiges Umfeld weniger stimulierend war, auf der HSD-Skala niedriger bewertet.
Zusammenfassend hat der HSD-Fragebogen die Anforderungen an die Reliabilität, Validität und (teilweise) Objektivität der HSDs von den Persönlichkeitsdimensionen Neurotizismus und Ängstlichkeit erfüllt, was darauf hinweist, dass Hochsensibilität eine messbare Persönlichkeitsdimension bei Hunden ist.
Darüber hinaus deutet der insgesamt geringe Einfluss demografischer und menschlicher Faktoren auf die HSD-Werte, auf eine gute Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse in Bezug auf Hochsensibilität, für die Hundepopulation hin. Wahrscheinlich ist das Vorhandenseins einer zugrunde liegenden genetischen Basis für diese Dimension innerhalb der Hundespezies.
Das Merkmal der Hochsensibilität bei Hunden scheint aus drei Merkmalen zu bestehen, die, den beim Menschen beschriebenen, ähnlich sind: Ästhetische Empfindlichkeit, leichte Erregbarkeit und niedrige sensorische Schwelle.
In der Humanliteratur wurde die Hypothese aufgestellt, dass Hochsensibilität eine Dimension sein könnte, die anderen Persönlichkeitsdimensionen zugrunde liegt und eine höhere Anfälligkeit für Stress und negative Lebensereignisse wie Neurotizismus, negative Emotionalität, Anfälligkeit für Depressionen oder Hemmung beinhaltet. In ähnlicher Weise könnte argumentiert werden, dass diese beobachteten Reaktionsweisen, auch bei Tieren, auf die Wechselwirkung einer möglichen zugrunde liegenden Veranlagung wie Hochsensibilität mit anderen Persönlichkeitsdimensionen zurückzuführen sein könnten.
Anmerkungen zur Studie
Da ich mich intensiv mit Hochsensibilität bei Mensch und Hund beschäftige, war ich sehr begeistert, als ich diese Studie gefunden habe. Es ist bis dato die einzige Studie, die sich mit diesem Thema auseinander setzt. Allen die sich auch gerne damit beschäftigen kann ich die Bücher von Elaine Aaron sehr empfehlen und den Film “Sensitive-The Untold Story”.
Fragebogen

Quelle und Originalstudie
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0177616Austria Blog Blogbeitrag Clickertraining Darmerkrankungen Erfahrungen Gedanken Gesundheit Highlysensitive Hochsensibel Hochsensibilität HSD HSP Hund Hunde Hundeblog Hundeernährung Hundestudie Hundetraining Hütehund katze kochenfürdenhund Kärnten Leinenaggression Mehrhundehaltung Mensch Hund Teams. Hundetraining Klagenfurt Migräne pfoetchentraining Psychologie Sheltie Shetlandsheepdog Stress Stressmanagement zusammenführung